Online Socratics Session

27.04.2021

Berichte über die Online Socratics Session am 27. April 2021.

Von Viktor-Forian Szabo

Am 27.04 fand im Sommersemester 2021 die zweite Socratics Einheit statt, wo Studierende des Ars Iuris Doktorandenkollegs die Möglichkeit hatten sich fachlich untereinander auszutauschen. Wie auch in den vorigen Einheiten üblich, reicht eine ausgewählte Zahl an Studierenden einen wissenschaftlichen Text ein, welcher im Folgenden von allen SeminarteilnehmerInnen diskutiert wird. Die Textgattung kann hierbei im wissenschaftlichen Rahmen beliebig gewählt werden und kann von Enzyklopädiebeiträgen über Gesetzeskommentare bis hin zu ausgewählten Kapiteln der eigenen Qualifikationsarbeit reichen. Dies gilt auch für den Inhalt, der aufgrund des transdisziplinären Charakters des Seminars üblicherweise ein sehr großes Spektrum abdeckt.

Sowohl bezüglich der Varietät der Textsorten, als auch der behandelten Inhalte stand die zweite Socratics Einheit den vergangenen Einheiten in keinster Weise nach, diesmal wurden vier Texte vorgestellt:

Der inputreiche Tag begann mit Felix Zopfs spannenden Ausführungen über die europarechtlichen Implikationen der Digitalisierung, wobei die General Data Protection regulation (GDPR) im Zentrum seiner Analyse stand und es sich um einen Kapitel seiner Dissertation über „The GDPR as an instrument of regulating the Digital Single Market“ handelte. Die Aktualität des Themas animierte die Teilnehmerinnen zu einer lebhaften Diskussion, wobei sich wohl alle bereits auf die fertige Dissertation freuen, die ohne Zweifel einen Schlüsselbeitrag zu einem gesellschaftlich hochrelevanten Thema liefern wird. 

Im folgenden Beitrag wurde Europa gedanklich verlassen indem Viktor Forian-Szabo die TeilnehmerInnen zu einer Reise in den Orient einlud. Diskutiert wurden neuere Ansätze im iranischen Versicherungsrecht mit gedanklichen Exkursen ins römische Recht und die Zeit Maria Theresias. Vielleicht zeigt der iranische Versicherungsdiskurs doch mehr Parallelen zum europäischen Diskurs als man sich denken mag und Goethes Feststellung gilt nicht minder in diesem Bereich: „Orient und Occident sind nicht mehr zu trennen

Die TeilnehmerInnen wurden im Folgenden von Günther Schaunigs Beitrag zurück in die österreichische Realität geholt. Seine scharfe Kritik zum geplanten Gesetzesentwurf Hass im Netz regte die Anwesenden zu einer lebhaften Diskussion an. Mit seiner scharfen Wortwahl erntete Günther Schaunig bei den Anwesenden sowohl Lob als auch Kritik, wobei wohl alle einig zu sein schienen, dass dieser Artikel einen wichtigen Beitrag zum umstrittenen Gesetz darstellen wird.

Der Tag endete mit einer Rückkehr zum Thema Versicherungsrecht, wo der Gesetzeskommentar von Matthäus Uitz zu den insolvenzrechtlichen Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes (§§ 13, 14) diskutiert wurde. Die scharfe Analyse und die lebhafte Diskussion erlaubte den Anwesenden sich in die Spezialfragen des österreichischen Versicherungsrechts zu vertiefen, wobei es auch zu kurzen gedanklichen Ausflügen in das deutsche und das europäische Versicherungsrecht kam.

Insgesamt darf ich nach nur zwei Einheiten sagen, dass die Socratics zu den organisatorisch am besten aufbereiteten und lebhaftesten Veranstaltungen gehört, die ich jemals während meines Studiums besucht habe. Die kollegiale Atmosphäre regt jede Teilnehmerin zur aktiven Teilnahme an. Ich freue mich schon jetzt auf die nächste Veranstaltung, die hoffentlich präsent stattfinden wird!

 

Grenzübertritt, Grenzüberschreitung und „was der Staat sei“: Im Zweifel ein Fortschritt
An der Ars Iuris Vienna schätzen die Fellows gelebte Vielfalt auf allen Ebenen

Von Günther Schaunig

Am 27. April 2021 veranstaltete die Doktoratsschule Ars Iuris Vienna eines der beliebten Socratic-Seminare. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer (in dieser Session: Viktor Forian-Szabo, Elisabeth Joller, Moriz Kopetzki, Magdalena Lenglinger, Paola Lopez, Lilo Martini, Julie Teresa Mortensen, Erik Ortega Rico, Matthäus Uitz, Katharina Vacek, Felix Zopf und Günther Schaunig) diskutierten über wissenschaftliche Texte unterschiedlicher Gattungen. Das Seminar fand neuerlich im Rahmen einer Videokonferenz statt. Frau Univ.-Prof. MMag. Dr. Michaela Windisch-Graetz und Herr Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz-Stefan Meissel leiteten das Seminar.

Folgende Textentwürfe wurden zur Diskussion eingereicht: „Versicherung und Islam. Theologische und rechtliche Diskussionen in der Islamischen Republik Iran“ (Viktor Forian-Szabo), „Kommentierung der insolvenzrechtlichen Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes (§§ 13, 14 VersVG)“, „The General Data Protection Regulation as an instrument of regulating the Digital Single Market – The internal perspective on ‚one continent, one law‘“ (Felix Zopf, Auszug aus der Dissertation) und „Erweiterung psychosozialer und juristischer Prozessbegleitung im Strafverfahren (§ 66b StPO)“ (Günther Schaunig).

Die Antworten auf komplexe Rechtsfragen des 21. Jahrhunderts finden sich bisweilen nicht innerhalb rechtswissenschaftlicher Teildisziplinen, die aufgrund universitärer Strukturen in Institute gebündelt sind. Vielmehr muss man diese Grenzen oft übertreten. Der Austausch innerhalb der Ars Iuris Vienna geht sogar weit über die Verbindung der unterschiedlichen rechtswissenschaftlichen Fachbereiche hinaus. So bindet die Doktoratsschule auch andere Disziplinen – wie in dieser Session etwa Wirtschaftswissenschaften, Arabistik und Internationale Entwicklung – in ihren Diskurs ein.

In den Pausen bleibt auch Zeit für Austausch über Themen „off the record“. So erfuhren die Fellows etwa aus anderen Gefilden über „Parteienproporz“ bei der Besetzung öffentlicher Posten. Sapperlot! Bei näherem Hinsehen dürfte es aber auch in Österreich ähnliche Dynamiken geben. So berichten Medien hierzulande bisweilen über die sogenannte „Parteibuchwirtschaft“. Insoweit böte der Grenzübertritt zumindest den Erkenntnisgewinn, dass sich gleichartige menschliche Gepflogenheiten unabhängig von Staatsgrenzen entwickeln. Ob diese Gepflogenheiten zu pflegen oder zu verwerfen sind (oder allenfalls eine Zwischenlösung zu finden ist), war Gegenstand reger Plaudertondebatten.

Eine Besonderheit von Socratic-Seminaren ist das „Fehler-Machen-Dürfen“: Ein Entwurf eines Textes ist per se fehlergeneigt. Ein Socratic dient der Verbesserung des Fragmentarischen und des Fehlerhaften im mündlich-diskursiven Austausch. Die Ars Iuris Vienna unterscheidet sich mit diesem innovativen Konzept von der teilweise überkommenen Prüfungs(un)kultur aller möglichen Ausbildungseinrichtungen (Hochschulen eingeschlossen): Der Studierende mit „schlotternden Knien“ war gestern. Heute ist Socratic! So absolvieren die Fellows in einem Socratic dann oftmals schwierigere Prüfungen als im regulären Ausbildungsbetrieb, denn im Socratic kommt es nicht primär auf Lehrbuchwissen, sondern auf neuartige Argumente an. Um es mit Heinrich von Kleist zu sagen („Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden“): „Nur ganz gemeine Geister, Leute, die, was der Staat sei, gestern auswendig gelernt, und morgen schon wieder vergessen haben, werden hier mit der Antwort bei der Hand sein. Vielleicht gibt es überhaupt keine schlechtere Gelegenheit, sich von einer vorteilhaften Seite zu zeigen, als grade ein öffentliches Examen.“

Felix Zopf reichte den Text „The GDPR as an instrument of regulating the Digital Single Market“ ein.

Viktor Forian-Szabo trug einen Text zum Iranischen Vertragsversicherungsrecht bei.

Matthäus Uitz reichte einen Kommentar zu den insolvenzrechtlichen Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes (§§ 13, 14) zur Diskussion ein.