Wer bin ich & was ist mein Forschungsgebiet?
Ich habe zunächst an der Universität Wien Mathematik studiert und auch eine Zeit lang an der Fakultät für Mathematik als wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet. Darüber hinaus habe ich aber auch viele Lehrveranstaltungen im Studium der Rechtswissenschaften und im Masterstudium Gender Studies absolviert. Nun forsche ich im Rahmen des PhD-Studiengangs „Interdisciplinary Legal Studies“ am Institut für Rechtsphilosophie im Bereich der interdisziplinären Digitalisierungsforschung.
Das bedeutet, dass ich aktuelle Technologien nicht (nur) aus einer technischen, sondern aus einer interdisziplinären Perspektive betrachte: ihre technische Architektur, ihre rechtliche Rahmung, ihre philosophischen Grundsatzfragen und ihre gesellschaftliche Einbettung. Beispiele sind algorithmische Entscheidungs- und Klassifikationssysteme wie etwa das algorithmische Assistenzsystem des österreichischen Arbeitsmarktservice, das medial als „AMS-Algorithmus“ bekannt geworden ist. Zu diesem Algorithmus habe ich bereits publiziert und dazu werde ich auch immer wieder in unterschiedlichen Medien interviewt. Auch Künstliche Intelligenz und Machine Learning gehören zu den Technologien, die ich betrachte.
Diesen komplexen neuen Technologien wird viel Innovationskraft und Effizienz zugesprochen und doch treten unerwünschte Effekte auf, wie etwa Diskriminierung oder Überwachung, die unbedingt eingehegt werden müssen. Mit meinem Ars Iuris Uni:doc-Stipendium darf ich diesen Fragen in einer optimalen Umgebung nachgehen.
Was ist das Spannende daran?
Spannend dabei ist, dass diese Technologien so viele unterschiedliche Aspekte beinhalten. Setzt man algorithmische Systeme etwa ein, um sozialstaatliche oder medizinische Ressourcen zu verteilen, um die Gefährlichkeit von Straftäter*innen einzuschätzen oder um sozialstaatliche Betrugsfälle zu identifizieren, so ergeben sich zwangsläufig Fragen zur Gerechtigkeit dieser algorithmischen Entscheidungen. Am Institut für Rechtsphilosophie kann ich diesbezüglich klassische Gerechtigkeitstheorien mit den aktuellen Diskursen zu „algorithmic fairness“ verbinden. Algorithmische Systeme stoßen auch an diskriminierungs- und datenschutzrechtliche Grenzen, die bedacht werden müssen. Außerdem sind es trotz gewisser Automatisierungsprozesse natürlich immer noch Menschen, die diese algorithmischen Systeme erstellen, Menschen, die mit ihnen arbeiten müssen und Menschen, auf die sich algorithmische Entscheidungen auswirken. Deswegen ist eine sozialwissenschaftliche Perspektive, etwa die der Science and Technology Studies, nicht wegzudenken. Diese Technologien sind in diesem Sinne nicht nur inter- sondern sogar multidisziplinäre Phänomene, was ich persönlich aufgrund meiner breit gestreuten Interessen besonders spannend finde.
Was ist die Herausforderung daran?
Hier zeigt sich auch gleich die Herausforderung, die integral mit der spannenden Interdisziplinarität verknüpft ist: Denn bei den vielen Ansätzen, mit denen man in diesem Bereich konfrontiert wird, muss man sich der Herausforderung stellen, sich nicht von deren schieren Menge überfordern zu lassen. Nun ist es bei jedem Forschungsvorhaben und insbesondere bei Dissertationen essentiell, ein Projekt zu konzipieren, das eine angemessene und realistische „Größe“ besitzt: Es sollte weder zu kurz greifen noch zu ambitioniert sein. Gerade letzteres ist bei Dissertationen oft die Gefahr – man ist motiviert, findet alles spannend und nimmt sich entsprechend zu viel vor. Bei einem interdisziplinären Projekt ist diese Herausforderung umso größer. Um ein gelingendes Forschungsvorhaben zu konzipieren und durchzuführen, muss man schließlich eine konzise und sinnvolle Auswahl von theoretischen Perspektiven und Ansätzen treffen.