von Lukas Faymann
Unsere Gesellschaft lebt derzeit auf Pump. Viele von uns spüren dies ohnehin unterbewusst, der „Earth Overshoot Day“ [1] – dieses Jahr der 28. Juli 2022 – macht dies nochmals greifbarer. Nach knapp sieben Monaten haben wir Menschen all jene biologischen Ressourcen verbraucht, die die Erde in einem Jahr natürlich regenerieren kann. Neben der größten Herausforderung unserer Generation, dem Klimawandel, schlittert unsere Gesellschaft momentan von einer Krise in die nächste: Auf die Pandemie folgt Krieg in Europa folgt Energiekrise folgt Rekordinflation. Die Aussichten für ein prosperierendes Leben auf dem Planet Erde waren schon mal rosiger. Werden wir und unsere Nachkommen in Zukunft auf die gleichen Lebensstandards hoffen können, wie die Generation unserer Eltern?
Was schuldet eine Generation eigentlich ihren Nachkommen? Dieser – zugegebenermaßen recht große – Frage ist der Sommerdiskurs der Universität Wien im Workshop zum Thema „Generationengerechtigkeit und die Kluft zwischen Älteren und Jüngeren“, geleitet von Prof. Dr. Michaela Windisch-Graetz, nachgegangen. Der Workshop startete mit einer kurzen Umfrage, um das Stimmungsbild unter den Anwesenden einzufangen: „In welcher Zeitspanne wärst Du am liebsten geboren, wenn Du es Dir aussuchen könntest?“
Zumindest für unsere Teilnehmer*innen, überwiegend in den 1990er geboren, waren also vor allem die 1960er und 1970er die „goldenen Geburtsjahrgänge“. Aus Sicht unserer Teilnehmer*innen hatte es also unsere Elterngeneration besonders gut. Fraglich ist nun aber auch, ob diese Generation ihren Nachkommen moralisch etwas schuldet. Und wenn ja, was genau?
Die erste Frage beantworteten wir alle mit einem deutlichen „Ja“. Um nachfolgenden Generationen ein würdevolles Leben zu ermöglichen, braucht es zweifellos generationenübergreifende Solidarität. Wir stellten aber auch fest, dass es hierfür momentan an einem gesamtgesellschaftlichen Konsens und auch einer rechtlich verbindlichen Grundlage fehlt. In der Diskussion in verschiedenen Kleingruppen haben wir dazu erste Lösungsansätze entwickelt. Diese reichen von der Entwicklung von „intertemporalen Grundrechten“ über die Schaffung eines „Generationenvertrages“ bis hin zu naturrechtlichen Begründungen der generationenübergreifenden Solidarität.
Und was wird nun genau geschuldet? Wobei wir uns bei einigen grundlegenden Punkten, wie zum Beispiel bei der Hinterlassung eines lebenswerten und sauberen Planeten überwiegend einig waren, wurde schnell klar, dass wir diese Frage nicht abschließend beantworten können. Wie viele Schulden darf eine Generation einer anderen hinterlassen? Wie gehen wir mit der Überbevölkerung unserer Erde um? Zweifellos schwierige Fragen, die noch offenblieben.
Vielleicht hilft hier ja der Kant’sche Kategorische Imperativ weiter. Schlussendlich liegt es wohl an jedem Einzelnen: Hinterlassen wir den Planeten doch einfach so, wie wir ihn selbst gerne vorfinden würden.