Zwischen Semantik und Pragmatik - Zur Interdependenz der Auslegungsmethoden

14.03.2024 15:00

VO Angewandte Methoden der Rechtswissenschaft, Vortrag von Univ.-Prof. DDr. Michael Potacs

von Adriana Winkelmeier

Als Auftakt der Ringvorlesung zur Methodenlehre, welche in diesem Sommersemester erneut stattfindet, hielt Univ.-Prof. DDr. Michael Potacs eine spannende Einheit zum Thema "Zwischen Semantik und Pragmatik - Zur Interdependenz der Auslegungsmethoden" und beleuchtete dabei grundlegende Konzepte und deren Anwendung auf die Rechtswissenschaft.

Der Vortrag begann mit einem Rückblick auf den Wiener Kreis, welcher sich in den 1920er/30er Jahren mit Sprachphilosophie auseinandersetzte und den Grundstein für den sogenannten "linguistic-turn (dt. linguistische Wende)" legte. Die Beschäftigung mit der Sprachphilosophie leistete einen wesentlichen Beitrag um juristischen Methoden besser zu verstehen und effektiver damit zu arbeiten.

Positive Rechtsnormen und Recht manifestieren sich in sprachlichen Äußerungen, wobei die Frage nach ihrem Sinngehalt von zentraler Bedeutung ist. Natürliche Sprache ist jedoch oft vage und mehrdeutig. Nachdem intensiver Beschäftigung mit Wittgensteins früherer Abbildtheorie und der späteren Gebrauchstheorie, ist Prof. Potacs mit den Studierenden in das Thema der Semantik und Pragmatik eingetaucht. Es handelt sich dabei um Instrumente, um den tatsächlichen Sinngehalt der Sprache zu erörtern.

Semantik bezieht sich auf die übliche Bedeutung von Worten und Sätzen, während Pragmatik den Kontext und den Zweck einer Äußerung berücksichtigt. Da natürliche Sprachen teils unpräzise sind, wird ihre semantische Undeutlichkeit oft durch Pragmatik präzisiert. Dieser Kontextbezug ist insbesondere für die Auslegung in der Rechtswissenschaft von großer Relevanz, denn in juristischen Auslegungsmethoden kann man einerseits auf reine Semantik (bei klarem Wortsinn), als auch pragmatische Aspekte in einer semantischen Interpretation (bei unklarem Wortsinn) als auch auf reine Pragmatik zurückgreifen. Diese Methoden sind also zum teil miteinander verschränkt und fließen ineinander über, wodurch eine klare Abgrenzung nicht möglich ist.

Insgesamt lieferte die Eröffnungsvorlesung der Ars Iuris Methodenlehre einen spannenden Einblick in die Interdependenz der Auslegungsmethoden und die komplexe Welt von Semantik und Pragmatik und betonte die Bedeutung für die Rechtswissenschaft. Nach dem eineinhalbstündigen Vortrag folgte eine spannende Debatte, in denen Fellows und Studierende intensiv Fragen stellen konnten.

Michael Potacs war Universitätsprofessor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien mit dem Schwerpunkt Öffentliches Wirtschaftsrecht.