Vortrag von Prof. Michael Potacs

13.03.2025

Zwischen Semantik und Pragmatik – Zur Interpendenz der Auslegungsmethoden

von Paula Malin Fetköter

 

Wie bereits im Vorjahr startete die diesjährige Vorlesung „Angewandte Methoden der Rechtswissenschaften“ mit einem Vortrag von Prof. Potacs, der über „Semantik und Pragmatik – Zur Interpendenz der Auslegungsmethoden“ referierte. Dabei wurde den Studierenden der rechtstheoretische und sprachbasierte Ansatz von juristischen Auslegungsmethoden nähergebracht und deren grundlegende Konzepte diskutiert.

Anfangs ist Prof. Potacs auf positive Rechtsnormen und den Sinngehalt sprachlicher Äußerungen in Form von Rechtsvorschriften eingegangen, welche grundsätzlich in natürlicher Sprache erfolgt. Rechtsnormen dienen hier als sprachlicher Willensakt. Die eigentliche Funktion der Sprache ist die Herstellung eines Abbildes der Realität, womit Prof. Potacs die Abbildtheorie und später folgende Gebrauchstheorie von Ludwig Wittgenstein erörterte. Anschließend an diese kurze philosophisch-linguistische Einführung erklärte Prof. Potacs den Unterschied zwischen Semantik und Pragmatik. Erstere umfasst die übliche Bedeutung von Worten und Sätzen, während die Pragmatik als Gegenspielerin wiederum auf den Kontext einer Norm oder Äußerung abstellt und damit mehrdeutige Formulierungen oder Unschärfen in der Semantik konkretisiert.

Die größte Schwierigkeit findet sich nun darin, herauszufinden, nach welchen Regeln wir in der Kommunikation den Kontext ableiten. Prof. Potacs sieht dabei als Metakriterium der Interpretation die Zusinnbarkeit, also welche Bedeutung Wörtern auf Grund von Semantik und Pragmatik zuerkannt wird, und geht innerhalb der Kommunikation von einem Redlichkeitsprinzip aus. Juristische Auslegungsmethoden können dabei beiden Kategorien zugeordnet werden, wobei zur Semantik typischerweise die Wortsinninterpretation zählt. Die Pragmatik umfasst demnach mehrere Auslegungsmethoden, wie beispielsweise die systematische, teleologische, historische und verfassungskonforme Auslegung.

All diese Methoden erfüllen jedoch dieselbe Funktion: konkret geht es um Sinnermittlung und Zusinnbarkeitsmethoden. Sie sind miteinander verwoben und lassen sich nicht klar abgrenzen, vielmehr sind sämtliche Kriterien der Semantik und Pragmatik in Betracht zu ziehen und danach auszulegen. Die Auslegungsmethoden stehen miteinander in Interpendenz. Damit spannt Prof. Potacs letztendlich den Bogen zum Anfang und dem Titel seines spannenden Vortrages und unterstreicht die Beweglichkeit des methodischen Auslegungssystems.