Der Klimawandel zeigt zunehmend verheerende Auswirkungen und stellt uns vor globale Herausforderungen. Extremwetterereignisse wie weitreichende Dürren und Überschwemmungen oder Entwicklungen wie ein steigender Meeresspiegel bedrohen sowohl das Leben als auch die Existenz von Menschen. Viele davon sehen sich aufgrund des Verlusts von Lebensgrundlagen oder akut lebensbedrohlichen Umständen gezwungen, ihre bisherige Heimat zu verlassen. Dies wirft die Frage auf, ob ein Menschenrecht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt existiert. Zwar wurde dies sowohl durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen als auch der Generalversammlung bejaht, bleibt aber bisher lediglich Gegenstand politischer Diskussionen. Gänzlich offen bleibt, ob diejenigen, die durch den Klimawandel vertrieben werden, als "Klimaflüchtlinge" anerkannt werden sollten.
Die rechtliche Definition von klimabedingter Migration gestaltet sich jedoch schwierig, da es keine klaren Rechtsgrundlagen gibt, obwohl der Begriff "Klimaflüchtling" in den Medien, in der Politik und im allgemeinen Sprachgebrauch bereits etabliert ist. Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 ist nicht ausreichend, um auch Flucht im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu berücksichtigen. Wegweisend könnte hingegen die Kampala-Konvention der afrikanischen Union von 2012 zum Schutz von Binnenvertriebenen sein, in der Vertreibung und Klima verknüpft werden. Diese lässt sich aber nicht einfach auf grenzübergreifende Fluchtbewegungen übertragen. Aber auch andere völkerrechtliche Übereinkünfte, wie zum Beispiel das Pariser Klimaabkommen aus 2015, das aus internationalen Umweltrechtsverhandlungen hervorgeht, bieten keine klaren Leitlinien zu klimabedingter Migration. Eines der Hauptprobleme ergibt sich aus der Schwierigkeit, Umweltfaktoren direkt mit den vielschichtigen Ursachen von Migration in Verbindung zu bringen und Klimaflucht rechtlich zu definieren. Stimmen aus der Rechtswissenschaft befassten sich hingegen bereits eingehend mit dem Klimawandel und seinen Folgen auf die Ausübung fundamentaler Menschenrechte wie das Recht auf Leben, Eigentum und Gesundheit. Sollte dieser Zusammenhang auf eine adäquate Rechtsgrundlage übertragen werden, könnten Menschen, die aufgrund von Auswirkungen des Klimawandels flüchten, einen Schutzstatus erlangen. Doch auch dies erweist sich in der Praxis als schwierig, da der Klimawandel als solcher keine Diskriminierung "aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Meinung“[1] darstellt und keine Definition bestehender Konventionen in diesem Fall anwendbar ist.
Dieses Problem verhinderte einen positiven Entscheid im Fall Teitiota v New Zealand. Im Jahr 2013 beantragte der kiribatische Staatsbürger Ioane Teitiota in Neuseeland Schutz- und/oder Flüchtlingsstatus aufgrund lebensbedrohlicher Bedingungen in seiner Heimat, die durch den Klimawandel verursacht wurden. Kiribati ist ein niedrig gelegener Inselstaat im Pazifik, der durch den Anstieg des Meeresspiegels mit der Versalzung des Bodens und des Trinkwassers kämpft. Die ganze Bevölkerung leidet unter erhöhter Säuglingssterblichkeit, sozialen Spannungen, allgemeiner Verschlechterung der Gesundheit sowie erschwerte Möglichkeiten für die traditionelle Landwirtschaft. Der Antrag des Schutzsuchenden durchlief den innerstaatlichen Instanzenzug, musste aber gemäß geltenden Rechtsgrundlagen abgewiesen werden. Der UN-Menschenrechtsausschuss bestätigte das Urteil als rechtskonform, erkannte aber die Folgen der Klimakrise als potenzielle Fluchtgründe an.
Die Anpassung an den Klimawandel, sowie Maßnahmen zu dessen Eindämmung als auch die Stärkung und Unterstützung der Widerstandsfähigkeit vulnerabler Gruppen sind notwendige Strategien, um sich auf die veränderten Lebensbedingungen des Anthropozäns vorzubereiten. Die Stärkung der Resilienz kann Migration jedoch nicht vollends ersetzen, weshalb internationale Zusammenarbeit hierbei unerlässlich ist. Migrationsbewegungen sind an sich eine Anpassungsstrategie an den Klimawandel und müssen in angemessener Weise und in internationaler Koordination bewältigt werden. Dafür muss auch eine Lösung der chronischen Unterfinanzierung der bestehenden Klimafonds gefunden werden.
Kurzbiographie:
Carina Karnicar ist Master-Studentin an der Universität Wien, der Diplomatischen Akademie Wien sowie der Technischen Universität Wien, wo sie Umwelttechnologie und Internationale Beziehungen sowie Ostasiatische Wirtschaft und Gesellschaft studiert. Ihre Interessensschwerpunkte umfassen eine transdisziplinären Herangehensweise auf Menschenrechte, internationale Beziehungen mit Fokus auf Ostasien und den Pazifik, Umweltrecht, Energiepolitik sowie Klimawandelanpassung und -minderung. Ihre Forschung für die Ars Iuris geht aus einer erweiterten Seminararbeit an der Diplomatischen Akademie im Bereich internationales Umweltrecht bzw. Umweltsicherheit hervor.
[1] The Refugee Convention 1951.